Fünf Methoden, um andere Perspektiven einzunehmen

Wir sehen den Wandel als Chance und haben verstanden, dass wir Teil der Veränderung sind und sie leben müssen. Dafür eignen wir uns das entsprechende Mindset und den Willen an, andere Perspektiven einzunehmen.

Wir wissen, dass wir als Unternehmen, wenn es um Nachhaltigkeit geht, immer noch ein Teil des Problems sind. Aber wir haben uns zum Ziel gesetzt, immer mehr zu einem Teil der Lösung zu werden. Wir nutzen unsere kreative unternehmerische Kraft, um den Wandel aktiv zu gestalten. Dafür brauchen wir den unbedingten Willen zur Veränderung, aber auch den Mut, Risiken einzugehen und Fehler zu machen. Wir müssen wagen, andere Perspektiven einzunehmen und uns immer wieder neu zu erfinden. Fünf Methoden und Denkmodelle helfen uns dabei.

Fünf Methoden, an die wir glauben

Komplexe Sachverhalte einfach machen

Cynefin-Framework

Der Begriff „Cynefin“ kommt aus dem Walisischen und bedeutet Lebensraum. Das Cynefin-Framework nach Dave Snowden kategorisiert Situationen und Systeme danach, wie „ungeordnet“, „einfach“, „kompliziert“, „komplex“ oder „chaotisch“ sie sind. Diese Kategorisierung hilft dabei, zu entscheiden, welche Methoden anwendbar und welche Wege möglich sind, um beispielsweise ein Problem zu lösen.

Mit den globalen Nachhaltigkeitsherausforderungen bewegen wir uns vor allem im komplexen Bereich. Hier gibt es zwar durchaus klare Ursache-Wirkungs-Beziehungen, doch leider sind diese oft erst im Nachhinein erkennbar. Das führt dazu, dass man das Problem zwar analysieren kann, aber das Ergebnis häufig keine Vorhersage erlaubt, aus der sich ein klares Verhalten für die Zukunft ableiten ließe.

Das heißt aber nicht, dass man tatenlos zusehen muss, wie sich die Vorgänge von selbst entwickeln. Es gibt zwar keine eindeutig richtigen Lösungen, doch durch ständiges Ausprobieren und Auswerten werden Muster erkennbar, aus denen man Lösungen ableiten kann. Man nähert sich der Lösung, indem man sich experimentierend Schritt für Schritt aufs Ziel zubewegt.

Die Kunst, loszulassen und sich auf Neues einzustellen

Theory U

Wer hat die Situation nicht schon im Arbeitsalltag erlebt? Man möchte etwas bewegen und stößt nur auf Widerstände oder mangelndes Interesse. Um Widerstände zu überwinden und neue Ansätze zu schaffen, experimentieren wir in unseren Nachhaltigkeitsprogrammen mit einem Modell für Veränderungsprozesse, der sogenannten „Theory U“ von Otto Scharmer. Sie wird inzwischen weltweit von Unternehmen genutzt, um tiefgreifende Veränderungsprozesse zu begleiten.

Scharmer ist überzeugt davon, dass die innere Haltung der Handelnden mehr Auswirkungen auf Entscheidungen hat als Fakten oder vermeintliche Sachzwänge. Das Offenlegen dieser inneren Haltung macht er zu einem zentralen Teil von Veränderungsprozessen. Ein solcher Prozess ist schwer und erfordert meistens Begleitung. Denn die Voraussetzung dafür ist die Offenheit, in sich selbst hineinzuhören und anzuerkennen, wer man ist. Es braucht zudem die Bereitschaft, anderen wirklich zuzuhören, ohne deren Haltung zu bewerten.

Wenn Schubladendenken, Vorurteile, Hierarchien oder eigene Ängste erst identifiziert und dann losgelassen werden, entstehen Lösungsansätze, die vorher keinen Raum hatten. Diese nehmen wir anschließend auf und bringen sie unter Einbeziehung aller betroffenen Ebenen zur Umsetzung – zum Beispiel über ein Prototyping. Unsere Erfahrung ist, dass so neue, ganzheitliche Lösungen entstehen, die eine breite Basis und höhere Akzeptanz haben.

Gemeinsam Kraft entwickeln

Ko-Kreation

Wir glauben an die Kraft des gemeinsamen Gestaltens (sogenannte Ko-Kreation). Nachhaltige Lösungen entstehen, wenn alle, die für einen Prozess wichtig sind, beteiligt werden und gemeinsam das Ergebnis erarbeiten. Unsere Erfahrung zeigt immer wieder: Für die komplexen Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, ist eine Person mit Expertenwissen nicht genug. Es geht vielmehr darum, gemeinsam mit den Betroffenen die Situation zu beleuchten, Muster zu erkennen, kleine Veränderungen herbeizuführen und zu schauen, ob sich das System in gewünschter Weise verändert. Durch das gemeinsame Erarbeiten, die Ko-Kreation, werden Lösungsansätze später von den Betroffenen mitgetragen und haben somit eine größere Chance auf Erfolg und bleibende Veränderung.

Schritt für Schritt zur Lösung

Prototyping

Als Prototyping bezeichnet man die schrittweise Annäherung an ein fertiges Endprodukt oder ein optimales Verfahren. Aus dem bestehenden Zustand heraus werden Schritt für Schritt kleinere Änderungen vorgenommen und die Auswirkungen analysiert. So wird mit wenig Testaufwand eine Versuchsreihe initiiert. Was gut funktioniert, wird als Anpassung übernommen. Aus kleinen Veränderungen werden Rückschlüsse auf die Realisierbarkeit im großen Stil gezogen. Diese Methode haben wir beispielsweise eingesetzt, um das Projekt Tchibo Share erst anzudenken und dann in die Tat umzusetzen, Erfahrungen einfließen zu lassen, das Geschäftsmodell, das Sortiment und die Kommunikation anzupassen, noch einmal nachzudenken und weiter zu verbessern. Ein Prototyp kann auch ergeben, dass die bisher angedachte Lösung nicht wie erwartet funktioniert und eine andere Antwort nötig ist. Tchibo Share wurde Ende 2020 eingestellt, da wir nicht ausreichend Kunden für den Service begeistern konnten. Die Erfahrungen, die wir durch das schnelle Umsetzen und Testen gewonnen haben, nutzen wir nun für die Entwicklung eines neuen Konzepts für nachhaltigen Konsum im Mainstream.
Die Entwicklung von Prototypen kann zum Beispiel durch ein 3D-Modell erfolgen, bei dem eine gewünschte Zukunft physisch gebaut wird. Das ermöglicht unterschiedliche Perspektiven auf den laufenden Prozess. Durch das Modell werden Unterschiede, aber auch gleiche Sichtweisen verdeutlicht – und damit Vor- und Nachteile sichtbar gemacht.

Empowering People

Facilitation

Facilitation ist ein Moderationsprozess, der in der Regel durch unabhängige Dritte durchgeführt wird und besonders relevant in Veränderungsprozessen ist. Ziel des Facilitating ist es, die Potenziale aller Beteiligten zusammenzubringen und so die gewünschte Veränderung zu unterstützen. Diese Methodik schafft einen Raum und Rahmen, in dem alle Stimmen gehört werden und sich die Beteiligten auf Augenhöhe begegnen. Durch diese Herangehensweise übernehmen alle Beteiligten mehr Eigenverantwortung, ihre Eigeninitiative wird so gefördert. Wir sind überzeugt, dass Facilitation in einem Veränderungsprozess einen wesentlichen Beitrag zu einem erfolgreichen Ergebnis leisten kann. Diese Erfahrung haben wir bereits in vielen Projekten und Meetings gemacht. Das Prinzip des Facilitating bildet auch die Basis unseres WE Programms, in dem wir mit einem partizipativen, dialogbasierten Ansatz die angestrebte Veränderung begleiten und fördern.